Webinar: So scheitert dein HR-Digitalisierungsprojekt nicht an der Startlinie
Warum viele HR-Digitalisierungsprojekte stolpern, bevor sie loslaufen
Neue Tools, schicke Oberflächen, grosse Versprechen: Auf dem Papier klingt HR-Digitalisierung oft einfach. In der Praxis fühlt es sich eher an wie ein Trailrun in den Bergen: Der Einstieg ist noch flach – bis die erste unerwartete Steigung kommt. Dann eine Abzweigung, ein Umweg, der „letzte“ Gipfel, der doch nicht der letzte ist.
Genau dieses Bild nutzt Susanne Kappes, Lead Expert Transformation Consulting bei tts Transformation Consulting GmbH, im SPOT ON Webinar. Seit Jahren begleitet sie Unternehmen bei der Implementierung von HR-Systemen – nicht mit der reinen IT-Brille, sondern mit Fokus auf Prozesse, Organisation, Change und Betriebsmodelle.
Ihr Kernpunkt: Die meisten HR-Digitalisierungsprojekte scheitern nicht an der Technologie – sondern daran, wie wir Ziele, Menschen und Strukturen zusammenbringen.
Im Webinar zeigt sie, worauf es vor dem Go-Live ankommt – und wie du auch in laufenden Projekten noch die Kurve kriegst.
Key Takeaways aus dem Webinar
1. HR-Digitalisierung ist ein Trailrun – kein Spaziergang
Digitalisierungsprojekte verlaufen selten linear. Es gibt Phasen, in denen alles scheinbar easy läuft – und dann plötzlich Steigungen: unerwartete Abhängigkeiten, zusätzliche Anforderungen, skeptische Stakeholder.
Die Trailrun-Metapher hilft auf zwei Ebenen:
Realistisches Erwartungsmanagement: Es gehört dazu, dass nicht alles nach Plan läuft.
Gemeinsames Bild im Projektteam: Alle wissen: Es wird anstrengende Passagen geben – aber auch Gipfelmomente, wenn erste Go-Lives und Erfolge sichtbar werden.
Wer das im Team von Anfang an ausspricht, reagiert später weniger gestresst auf Umwege – und bleibt handlungsfähig.
2. Klarer Auftrag, klares Zielbild – sonst zieht jede:r in eine andere Richtung
Viele Projekte starten mit einem vagen „Wir müssen digitaler werden“. Im Alltag zeigt sich dann: HR, IT, Fachbereiche und Management meinen damit nicht dasselbe.
Susannes Empfehlung:
Projektauftrag schärfen: Warum digitalisieren wir jetzt? Welche Probleme wollen wir konkret lösen (z.B. Medienbrüche, Excel-Chaos, mangelnde Transparenz, fehlende Self-Services)?
Gemeinsames Zielbild definieren: In einem Workshop (z.B. mit Canvas) klären:
Wo stehen wir heute?
Wie soll HR morgen arbeiten (Rollen, Prozesse, Self-Services, Daten)?
Woran erkennen wir in 6–12 Monaten, dass wir erfolgreich sind?
Scope und Meilensteine festlegen: Welche Module / Prozesse kommen zuerst, was folgt später?
Je klarer der Auftrag, desto weniger Diskussionen darüber, „was das Projekt eigentlich soll“ – gerade, wenn es mal ruckelt.
3. HR-Digitalisierung ist Teamwork: HR, IT und Fachbereiche an einem Tisch
Auch wenn wir von HR-Digitalisierung sprechen: Ein erfolgreiches Projekt ist immer ein Gemeinschaftsprojekt.
Im Kernteam sollten deshalb sitzen:
HR: kennt die Prozesse, Pain Points und Erwartungen der Mitarbeitenden.
IT: bringt System-, Schnittstellen- und Sicherheitskompetenz ein.
Fachbereiche: wissen, was im Alltag wirklich hilft – und was nur zusätzliche Klicks erzeugt.
Ideal ist eine geteilte Projektleitung HR/IT, mit gemeinsamem Mandat und Ressourcen. So wird das Projekt weder zum reinen IT-Rollout noch zum reinen HR-Wunschkonzert – sondern zu einer Lösung, die technisch stabil und fachlich sinnvoll ist.
4. Stakeholder & Rollen klären – bevor der Betriebsrat „Stopp“ sagt
Viele Stolpersteine entstehen, weil wichtige Personen zu spät oder zu wenig eingebunden werden: Betriebsrat, Datenschutz, Legal, Führungskräfte, lokale HR-Teams.
Susanne empfiehlt drei Schritte:
Stakeholder-Mapping: Wer ist direkt betroffen, wer hat Mitbestimmungsrechte, wer kann Projekte blockieren, wer kann sie beschleunigen?
Klare Rollen im Projekt:
Projektleitung
Stream Leads (z.B. IT, Integration, Prozesse, Testing)
lokale / globale Process Owner
Key User
Für jede Rolle: Aufgaben, Verantwortlichkeiten – und auch, was nicht dazu gehört.
Kommunikationsplan: Wer wird wie oft, worüber informiert? Wer wird in Workshops einbezogen, wer erhält regelmässige Status-Updates, wo holen wir aktiv Feedback?
Ein mitgenommener Betriebsrat ist ein Beschleuniger. Ein übergangener Betriebsrat ist oft der grösste Showstopper.
5. Prozesse zuerst verstehen – dann digitalisieren (nicht umgekehrt)
Ein Klassiker: Bestehende Prozesse 1:1 ins neue System kippen – inklusive aller historischen Sonderfälle und Extra-Schleifen. Ergebnis: Das System wirkt kompliziert, niemand ist happy.
Besser:
Ist-Prozesse sichtbar machen: HR-Prozesslandkarte erstellen (Recruiting, Onboarding, Learning, Performance, Stammdaten etc.).
Schmerzpunkte priorisieren: Wo ist der Leidensdruck am grössten? Was bringt den grössten Hebel für Mitarbeitende und HR?
Sollprozesse gemeinsam definieren: Erst verstehen, wie der Prozess in Zukunft aussehen soll – dann mit System-Möglichkeiten abgleichen.
Mut zur Vereinfachung: Nicht alles, was „schon immer so war“, hat in einer digitalen Welt noch Berechtigung.
So wird Digitalisierung nicht zur teuren Replik der Vergangenheit – sondern zur Chance, HR-Arbeit neu zu denken.
6. Ohne Governance & Operating Model wird der Go-Live schnell zum Dauerfeuer
Nach dem Go-Live beginnt der Alltag: Fragen, Incidents, Änderungswünsche, Releases. Wenn dafür kein HR-IT-Operating Model existiert, landet alles irgendwo – und nirgends richtig.
Wichtige Fragen, die du vor dem Go-Live beantworten solltest:
Support & Incidents:
Wer beantwortet Benutzerfragen?
Wie werden Störungen gemeldet, klassifiziert, gelöst und dokumentiert?
Change Requests:
Wie gehen wir mit Änderungswünschen um („Wir brauchen noch einen zusätzlichen Genehmigungsschritt“)?
Wer sammelt, bewertet und priorisiert?
Releases:
Wer beobachtet Release Notes?
Wer entscheidet, welche Features aktiviert werden?
Wie werden Tests organisiert?
Parallel dazu braucht es ein HR-Operating-Model: Welche neuen Rollen entstehen (z.B. System Owner, Process Owner), welche Kompetenzen braucht HR in Zukunft (Datenkompetenz, Systemverständnis), wie verändern sich Aufgaben?
7. Realistische Roadmap statt „Big Bang“ – und bewusst anhalten zum Healthcheck
Digitalisierung ist kein Sprint, sondern ein längerfristiger Weg. Viele Projekte scheitern, weil der Anspruch zu gross und die Ressourcen zu knapp sind.
Susannes Empfehlung:
Roadmap realistisch planen: Ferienzeiten, andere grosse Projekte, verfügbare FTE, mitbestimmende Gremien berücksichtigen.
Pilotierungen nutzen: Lieber mit einem Land, einer Einheit oder einem Modul starten – daraus lernen und dann ausrollen.
Healthchecks & Retrospektiven einbauen:
Was läuft gut?
Wo hängen wir?
Welche Themen sind hinten runtergefallen (z.B. Betriebskonzept, Schulungen)?
Auch wenn es sich im Projekt „zu spät“ anfühlt: Ein ehrlicher Zwischenstopp spart später oft deutlich mehr Zeit und Nerven, als einfach „durchziehen um jeden Preis“.
8. Cloud & KI: Neue Fragen, neue Verantwortung für HR
Mit Cloud-Lösungen und KI verschieben sich die Spielregeln: Daten liegen ausserhalb des eigenen Hauses, Vendoren bringen KI-Features direkt ins System, Mitarbeitende nutzen Tools wie ChatGPT – ob offiziell erlaubt oder nicht.
Für HR bedeutet das:
Datenschutz & Risiko aktiv adressieren: Was passiert mit unseren Personaldaten? Wer hat Zugriff? Wie nutzen wir KI, ohne sensible Informationen preiszugeben?
AI Literacy aufbauen: HR muss verstehen, was KI kann – und was nicht. Nur so lassen sich sinnvolle Einsatzszenarien (z.B. im Recruiting, im Support, in Analysen) gestalten.
Rollen weiterentwickeln: Wenn Chatbots First-Level-Support übernehmen, verschiebt sich der Fokus von HR – weg von reiner Bearbeitung, hin zu Beratung, Steuerung, Governance.
Viele Unternehmen richten dafür AI-Taskforces oder Center of Excellence ein. Wichtig: HR sollte dort unbedingt vertreten sein.
Key Takeaways
HR-Digitalisierung ist Teamwork: HR, IT und Fachbereiche gehören von Anfang an gemeinsam an den Tisch.
Ohne klares Zielbild wird es zäh: Ein geschärfter Projektauftrag und ein gemeinsames Verständnis von Erfolg sind die Basis.
Prozesse nicht blind digitalisieren: Erst Schmerzpunkte und Sollprozesse definieren, dann im System abbilden – mit Mut zur Vereinfachung.
Governance & Operating Models sind erfolgskritisch: Wer entscheidet, wer unterstützt, wer priorisiert – und wie läuft der Betrieb nach dem Go-Live?
Lernen unterwegs gehört dazu: Healthchecks, Retrospektiven und iterative Rollouts machen den „Trailrun Digitalisierung“ planbarer und deutlich weniger schmerzhaft.